Da schnalzen die Muttons mit den Zungen und bekommen das breite Grinsen nicht mehr aus ihren Gesichtern, als sie am im Jahre 2009 ins Leben gerufenen neuseeländischen Überraschungsprojekt umfassend partizipieren! Kann das denn wahr sein???? Nein, wir haben keineswegs in der KIWI-Staatslotterie gewonnen! Aber das Erlebte ist wohl mindestens genauso bereichernd :-)!!!

„A2O“ steht hier nicht für die falsche Formel für das Lebenselexier Wasser, gleichwohl aber für die Beschäftigung der letzten Tage, an denen es mitunter ebenso flowig zuging, wie Ruhr oder Elbe flussabwärts fließen… Das Kürzel steht für einen der „Great Rides“ hier, die für maximalen Spaßfaktor auf zwei Rädern sorgen und für die es natürlich, da lassen sich die Neuseeländer rein gar nicht lumpen, mindestens fünf sehr gute Internetseiten und eine App gibt.

Es geht ganz konkret um den Alps2Ocean-Trail, der uns (und hier ist der Name Programm) von den Neuseeländischen Alpen der Südinsel bis an die Pazifikküste in Oamaru spült. Da kredenzen uns die Kiwis aber das Komplettpaket von bester Wegbeschaffenheit, grandiöser, vielfältigster Landschaftseindrücke und einer infrastrukturellen Perfektion, die ihres Gleichen sucht … ! (Schon mal versucht, in Deutschland einen mindestens 300 Kilometer langen Radweg ohne Karte und GPS zu radeln? Man kommt definitiv nicht da raus, wo es beabsichtigt ist, lernt aber auch so das Land besser kennen ;-).)

Eigentlich haben wir diese radelspezifische Exzellenzinitiative so gar nicht auf dem Schirm, als wir nach vier satt verregneten Chillouttagen in Christchurch auf die Surlys steigen und uns in nachlassenden Regenschauern und uns scheinbar freundlich gesinntem Gegenwind Richtung Mitte der Südinsel aufmachen. Zeit wird es, steht der Mister doch kurz vor dem Lagerkoller und hat seinen Rücken durch intensive Sitz- und Liegeleistungen der letzten Tage merklich an seine Grenzen manövriert.

Wir bahnen uns also unseren Weg durch die neuseeländische Kulturlandschaft der Ostküstenregion und entwickeln ein basales Gefühl von Entspannung und Gelassenheit, wie sie den Neuseeländern in jeder Situation des Lebens zueigen zu sein scheint. Klar kann man das auch sein, wenn man an vielen Orten zum so genannten „Freedom Camping“ eingeladen wird, liebevoll gepflegte Spots vorfindet, die sogar über Toiletten und einer scheinbar immer frisch eingelegten Klopapierrolle verfügen … Quasi irgendwo im Nirgendwo!!! Die Leuts hier haben es drauf, erwähnten wir das schon?! Klar gibt es auch dafür mindestens zwei Apps, genauso hergerichtet wie die Spots zum Nächtigen. So gelingt es uns in den kommenden zehn Tagen, an neun derselben kostenlos zu nächtigen, und nur an einem dieser neun Tage den Ansatz von Illegalität zu verspüren… Reden wir lieber von einer Grauzone im Naturschutzgebiet ;-). Aber Hammel richten bekanntlich so gar keinen Flurschaden an und zwei mehr auf der Weide machen den Braten im Land der Schafe nun wirklich nicht fett…

Weiter im Text: Unser Weg führte uns bei immer besser werdendem Wetter geradewegs zum Lake Tekapo, nachdem wir das Auenland erstmals durchstrampelt hatten, ohne nur einen Hobbit gesehen zu haben. Haben die etwa den Kampf verloren? So ganz stecken wir da nicht drin. Sei es drum: Den ersten Pass mit 709 müN haben wir in dieser Etappe auch genommen, stilecht natürlich nach einem Mann namens Burkes benannt, der, was auch sonst, wohl ein berühmter Schafzüchter war.

Der Himmel reißt auf und die Landschaft, die uns danach umgibt, erinnert uns doch schwer an peruanisch-bolivianische Landschaftspaella mit chilenischen Zutaten und gaaaaaaaanz vereinzelt feststellbaren argentinischen Pampa-Bitterstoffen. Ein kurzer Blick nach unten verrät uns, wo wir sind! Entweder radeln wir auf Asphalt oder meist asphaltähnlichem Gravel durch die Gegend! GEHT DOCH!!! 😉

Wie kann ein kleines Inselchen mitten im Pazik bitte so vielfältig sein? Richtig spektakulär erscheinen uns die landschaftlichen Eindrücke allerdings nicht. Das liegt wohl nicht unwesentlich an der VorerFAHRung der letzten Wochen und Monate. Macht aber so rein gar nichts, denn die uns umgebende Natur ist einfach nur schön! Muss reichen, tut es auch und nicht zu knapp. Wer das Abenteuer sucht, wird hier nicht so leicht fündig, allerdings heißt das noch lange nicht, dass der Spaß fehlt!

Wir ertappen uns nicht nur mitunter, sondern nahezu ständig bei einer solchen Gelassenheit, die uns die Tage auf dem Rad frühestens gegen 11 Uhr morgens beginnen lassen. WAAAAAAAAS? Unfassbar! Der Mutton schafft es sogar, den Wecker zu deaktivieren und einfach solange zu pennen, bis entweder der Rückenschmerz oder das einsetzende Hungergefühl dafür sorgen, Schlaftüte und Hütte zu verlassen und erst einmal einen Kaffee in schönem Naturambiente zu brühen. Es soll sogar schon mal vorgekommen sein, dass die Dame der Herde eher das Nest verließ, als der Leithammel!

Dass an solchen Tagen natürlich in Sachen Distanzen nur noch mittelprächtige „Hausnummern das Reisegebäude“ zieren, sorgte anfangs für etwas Nachdenklich-, später für Gleichgültigkeit, aktuell bei Wetterentwicklung und Blick auf die Karte alllerdings wieder für ersteres. Oh man, die drei Monate, die doch so reichlich erschienen, werden wohl nicht ausreichen, um all das zu Gesicht zu bekommen, was sich lohnt, zu sehen. Der Herbst kündigt sich bereits farbenprächtig und temperatursensibel an, die Westküste wartet noch mit ihren Regengüssen und steifen Brisen!

Allerdings machte es uns die Landschaft entlang des A2O-Trails auch nicht wirklich leicht, schnell voran zu kommen. Die Neuseeländer sperren ganze Straßen für den motorisierten Verkehr, nur um den Weg ausschließlich für Fußgänger und Radler zur Verfügung zu stellen. Sie zimmern kilometerlange Trails an Alpenseeufern und Flüssen entlang, die sich in einer unfassbar schönen Idylle durch die Landschaft mäandern. „Mittendrin statt nur dabei“ – Fernsehen ist n Sch… dagegen.

Es finden sich reichlich Campspots am Streckenrand. Verkehr? Fehlanzeige! Die Nächte sind meist so ruhig, dass einem das Einschlafen schwerfällt. Aufgestanden wird morgens meist mit grandiosen Weit- und/oder Einblicken in die Umgebung und einer Geräuschkulisse zwischen Jurassic-Park und Frühlingskonzert.

Dazu kommt die lieblich wirkende Verspieltheit in der Streckenführung, legen doch einzelne Gemeinden den Weg mit vielen Kringeln und ein paar Brücken durch ihre Moorlandschaften an, die lieblich gepflegt/kultiviert scheinen. Mal gibt es dazu eine Luft- oder Trinkwasserstation für den Radreisebedarf und meist führt der Trail durch Privatbesitz (bspw. durch ein Weinanbaugebiet), der seinen eigentlichen Charakter des Abgrenzens zu konterkarieren und sich zum Wohle einer größeren Gruppe zu öffnen scheint. Offensichtlich stoßen solche Projekte auf eine enorme positive Resonanz innerhalb der neuseeländischen Bevölkerung, anders ist dieser Streckenverlauf in seiner Chartakteristik nicht zu erklären. Und alte Bahnstrecken sind dann eben noch zu etwas zu gebrauchen :-).

KIWI-Land leistet!!! Sagten wir auch schon, oder? 🙂 Wir treffen viele nette Radler meist älteren Kalibers, die den Radweg in Angriff genommen haben. Gebuchte Touren für gnadenlose 2700 NSD werden angeboten, auf einem Radweg, auf dem es einer Meisterleistung gleichkäme, sich zu verfahren. Aber wenigstens ist man dann sein Gepäck los und kann sich an den kulinarischen Köstlichkeiten laben, die auf der Strecke liegen.

Für die Herde bleibt allerdings meist nur die typische Reiseradelverpflegungskombination „Spaghetti, Sauce, Süßigkeit“, um das Budget nicht unkontrolliert zu sprengen… Mensch ist Deutschland günstig, was Nahrungsbeschaffungsmaßnahmen betrifft. Ein Kilogramm Käse für neun Euronen? Undenkbar, aber hier Standard!

Sei es drum, wir haben die drei „S“ gut kultiviert und werden die letzten Wochen auch noch überstehen, bis es wieder heißt: Schwarzbrot, was den Namen auch verdient!

Nach einer satirisch angehauchten Pinguin-Sichtungsaktion in Oamaru geht es morgen weiter nach Süden, immer schön an der Küste entlang. Wetter? Naja, wird sicher besser als angesagt. Spannend bleibt es auf jeden Fall! Kette rechts und gute Beine!

Die Muttons melden sich demnächst mal wieder, wenn es ihre Faulheit erlaubt :-)! Die Mühlen mahlen hier eben langsamer;-)!

 

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